Im Rahmen der SPS Nürnberg 2024 besuchte uns die Computer & Automation auf unserem Stand und sprach mit Stefan Niermann, dem Head of Business Development bei INOSOFT, über die neuesten Entwicklungen im Bereich mobiler und ortsgebundener HMI-Lösungen.
Frage: Warum sollte ein mobiles HMI wieder ortsgebunden werden?
Antwort: Das hört sich paradox an – bei näherer Betrachtung ergibt es aber sehr viel Sinn. An größeren Maschinen oder in Anlagen sind viele Aufgaben an unterschiedlichen Orten zu erledigen, dabei ist die Unterstützung durch ein HMI oft hilfreich oder sogar notwendig. Statt überall Panels fest zu installieren, kann diese Aufgabe besser und kostengünstiger mit einem mobilen HMI gelöst werden. Das kann auf einem tragbaren Industriepanel oder einem handelsüblichen Smartphone laufen. An Ort und Stelle angekommen, navigiert man zu den HMI-Ansichten, die die betreffenden Informationen und Bedienmöglichkeiten enthalten. Dabei muss der Weg zur richtigen Bildschirmseite einfach und zweifelsfrei zu finden sein: Ein Durchforsten von Navigationsmenüs ist fehleranfällig, aufwendig und somit ungeeignet. Außerdem muss sichergestellt sein, dass man keine Aktion in einem Teil der Maschine auslöst, der nicht direkt einsehbar ist. Alles spricht dafür, den dedizierten Teil des mobilen HMI an den betreffenden Ort zu binden. Also ein ortsgebundenes, mobiles HMI…
Frage: Wie genau erfolgt die Zuordnung der HMI-Ansichten zu bestimmten Standorten?
Antwort: An den Standorten sind Tokens angebracht, die dem HMI die Zuordnung ermöglichen. Das können zum Beispiel QR-Codes sein. NFC-Tags oder Bluetooth-Beacons sind Alternativen. Diese Tokens sind in einer Konfiguration im HMI mit einem definierten Ort und dadurch mit den ortsrichtigen HMI-Ansichten verknüpft. Zusätzlich wird mit Erkennen des Tokens eine sogenannte Location-ID aktiviert, an die man die Freischaltung von Bedien-Elementen knüpfen kann.
Frage: Welche Herausforderungen bestehen bei der Implementierung einer HMI-Lösung mit ortsabhängigen Bedienrechten?
Antwort: Die wichtigste Herausforderung ist: Nichts darf bedient werden, was nicht einsehbar ist! Je komplexer das HMI, desto schwieriger wird die Einhaltung dieser Regel. Man könnte große Bildschirmseiten mit allen Inhalten erstellen, in denen per Berechtigung nur die örtlich erlaubten Aktionen freigeschaltet sind. Das ist aber komplex und fehleranfällig. Unser Ansatz ist daher, für jeden Standort eine eigene, kompakte HMI-Ansicht zu erstellen. Dieser Weg ist auch für die Bedienbarkeit deutlich praktikabler, da bei mobilen HMIs der Bildschirm meist wesentlich kleiner ausfällt.
Frage: Wie schützt VisiWin vor unbefugtem oder ungewolltem Eingriff in die Anlagensteuerung (durch die ortsbasierte Zugangsregelung)?
Antwort: Der Zugang zu den ortsbasierten Ansichten sollte ausschließlich über die Tokens und nicht per manueller Navigation möglich sein. Damit ist automatisch ohne manuelle Vergabe besonderer Rechte schon viel erreicht. Außerdem gibt es bei uns sogenannte Location-IDs, mit denen im HMI die Bedienelemente einem Standort zugeordnet werden. Diese werden nach Erkennen des Tokens aktiv und schalten die mit ihnen verknüpften Bereiche der HMI-Ansichten frei.
Frage: Wie wird sichergestellt, dass die HMI-Oberflächen in allen Situationen reaktionsschnell und gut bedienbar bleiben, auch bei Verwendung auf unterschiedlichen Endgeräten?
Antwort: Die Frage der Performance kann man leider nicht ganz einfach beantworten. Unsere Software geht möglichst optimal mit den vorhandenen Ressourcen um. An der Gesamtperformance sind aber viele weitere Faktoren beteiligt, die man beachten muss.
Da wären zuallererst die Endgeräte selbst. Sind dies mobile Industrie-Panels, deren Typ bereits bei der HMI-Erstellung bekannt ist, kann man die Applikation maßgeschneidert und optimiert aufbauen. Natürlich kommt es auch auf die Ausstattung der Geräte an. Hardware und Betriebssystem sind wichtige Einflussfaktoren. Häufig müssen hinsichtlich der Verlustleistung (Wärmeabgabe) sowie bei kabellosen Geräten bezüglich der Laufzeit im Akkubetrieb Kompromisse eingegangen werden, die zulasten der Performance gehen.
Bei Consumer-Geräten hingegen ist das Spektrum der Formfaktoren, der Ausstattung und sogar der Betriebssysteme wesentlich größer. Sie sind allerdings ohne Kompromisse auf ein möglichst flüssiges und performantes Bedienerlebnis bei niedrigem Energiebedarf optimiert. Meist muss man sich um diese Geräteklasse keine Sorgen machen, wenn die Anwendung auf Industriehardware flüssig läuft.
Ein ebenso wesentlicher Faktor ist die Performance des Servers. Wir sprechen hier von einer Web-Anwendung und der Server liefert die Bildschirmseiten an den Browser des Mobilgerätes aus. Tut er dies nur langsam, kann folglich auch der Seitenwechsel nicht schnell sein…
Außerdem spielt die Infrastruktur vor Ort eine Rolle. Netzwerk, Router, Switches und nicht zuletzt die WLAN-Signalabdeckung sind wichtige Faktoren.
Insgesamt betrachtet sollte keiner der genannten Faktoren einen Flaschenhals darstellen.
Frage: Welche Rolle spielt VisiWin Web UI in der Unterstützung mobiler Endgeräte, und wie wurde das Benutzererlebnis für verschiedene Bildschirmgrößen optimiert?
Antwort: Der erste Teil der Frage ist schnell beantwortet: VisiWin Web UI läuft in jedem modernen Webbrowser. Der darf auf keinem mobilen Gerät fehlen und dadurch läuft dort auch VisiWin.
Die unterschiedlichen Bildschirmgrößen und -ausrichtungen unterstützen wir durch Responsive Design – das hat sich für (Internet-)Webseiten bewährt. Bekanntlich müssen diese vom PC-Bildschirm bis hin zu Smartphones gut funktionieren und bedienbar sein. VisiWin unterstützt mit seinem FlexLayout und den zugehörigen Elementen den responsiven Aufbau der Bildschirmseiten. Unsere Entwicklungsumgebung bietet zudem die Möglichkeit, das Layout für Standard-Bildschirmtypen simuliert zu testen. Dazu wählt man im Designer die Darstellung für „Desktop“, „Tablet“ oder „Smartphone“ und prüft das Ergebnis.
Artikel aus „The Official Daily“ (Englisch, gekürzt)